Aloisia Mitterrutzner geb. Kirchler feiert die Vollendung des 100. Lebensjahres
Dienstag, 11. August 2020 war für die Familie Mitterrutzner – Grunner ein besonderer Tag. Ihre Mutter Oma und Ur-Oma Aloisia feierte an diesem Tag im Kreise ihrer Lieben die Vollendung des 100. Lebensjahres. Die 5 Kinder mit ihren Familien, die 20 Enkelkinder und 27 Urenkel überbrachten der Jubilarin zu ihrem hohen Alter die besten Glücks- und Segenswünsche. Die zahlreiche Schar ihrer Nachkommenschaft war vor allem erfüllt von Dankbarkeit für all das Gute und für die vielen Zeichen der Aufmerksamkeit und Liebe, die sie den Kinder und Enkeln zeitlebens geschenkt hatte. Bürgermeister Peter Brunner gratulierte namens der Gemeinde Brixen. Die Pfarrgemeinde von St. Andrä freut sich ebenfalls über das seltene Jubiläum der geschätzten Grunner -Mutter und gratuliert herzlichst.
Es ist unseres Wissens das erste Mal, dass eine Person in St. Andrä ein Alter von hundert Jahren erreicht hat. Abwechslungsreich und bewegt ist der Lebenslauf der Gefeierten. Am Götschelehof in Milland geboren, war schon ihre Kindheit geprägt von einem wiederholten Wechsel des Wohnortes. Ihr Vater, Wegmacher auf der Plosestraße, musste immer wieder einen neuen Streckenabschnitt instand halten. Darum übersiedelte die Familie dorthin, wo Vaters Weg zur Arbeit möglichst kurz war. Das hatte zur Folge, dass Aloisia öfters die Schulstelle wechseln musste. In ihrer gesamten Schulzeit wurde der Unterricht ausschließlich in italienischer Sprache erteilt.
Abwechslungsreich war auch ihre Dienstzeit. Als Kinder- und Zimmermädchen, als Küchengehilfin und Familienhelferin nahm sie als lernwilliges Mädchen vieles auf, was ihr später als Ehefrau und Mutter zu Gute kam.
In dieser Zeit lernte sie ihren späteren Mann Johann Mitterrutzner, den Egger Hans, kennen. Das Paar schmiedete schon viele Zukunftspläne. Die Zeitumstände machten jedoch viele Vorhaben des Paares zunichte. Aloisias Vater optierte für Deutschland. Darum übersiedelte die Familie im Jahre 1939 nach Oberösterreich und später nach Mieders in Stubai. Der einzige Sohn aus der Familie Josef (geb. 1927) rückte im Zweiten Weltkrieg zur deutschen Wehrmacht ein. Er kam an die Ostfront und wurde schon bald als vermisst gemeldet.
An vorderster Linie der Infanterie im Krieg gegen Russland erlebte auch Hans Mitterrutzner die Schrecken des Krieges und das Sterben vieler Landsleute aus Südtirol. Er erkannte, dass der Krieg im Jahre 1944 bereits verloren war und dass das Durchhalten der deutschen Kriegsführung sinnlos ist. Auf sein Ansuchen hin gewährte ihm seine Einheit einen 14- tägigen Hochzeitsurlaub. Am 13.10.1944 wurden Aloisia und Hans in Absam getraut. Es war eine schlichte Hochzeitsfeier mit nur vier Hochzeitsgästen. Nach der Trauung musste Hans wieder an die Front, wo er verletzt wurde und Genesungsurlaub bekam. Nachdem er wegen Platzmangel, aber ohne geheilt zu sein, aus dem Lazarett verschickt wurde, machten sich Hans und seine Frau Aloisia in abenteuerlicher Weise auf den Weg nach Südtirol.
Erst nachdem es ihnen nach Kriegsende geglückt war, die italienische Staatsbürgerschaft zu erhalten und sie somit in den Besitz der bürgerlichen Rechte gekommen waren, konnte das Ehepaar daran denken, für ihre Familie eine bleibende Heimstätte einzurichten. Sie pachteten zunächst den Rifflerhof, wo 1947 der Sohn Erich und 1950 die Tochter Maria geboren wurden. Gleichzeitig bauten sie ein Wohnhaus auf einem Wiesengrund, den Hans von seinem Heimathof geerbt hatte. Sie zogen am neu erbauten Wieserhof ein, wo die Kinder Waltraud und Albin zur Welt kamen.
Im Jahre 1959 kaufte Hans den Grunnerhof, dessen Wohn-und Futterhaus abgebrannt waren. Mit viel Mühe, Geschick und Fleiß entstand aus einer Brandruine ein wohnlicher Hof mit Wohn- und Futterhaus. Die jüngste Tochter Notburga kam am Grunnerhof zur Welt.
Mutter Aloisa war immer der besorgte Mittelpunkt der Familie und ihrem Mann Hans (gest. 2008) eine große Stütze. Der Bau zweier Wohnhäuser mit Wirtschaftsgebäuden, mit deren Grundaushub unter Verwendung von Pickel und Schaufel, der Materialtransport, der Gerüstbau und alles ohne öffentliche Beiträge waren sehr mühselig und beschwerlich. Unter anderem erzählte einst die Jubilarin: „ Als beim Wieser gebaut wurde, trug ich täglich das Essen für die Arbeiter und meinen Mann vom Riffler zur Baustelle am Wieser, als beim Grunner gebaut wurde, trug ich das Essen vom Wieser zum Grunner, Tag für Tag ein Fußmarsch mit Hin- und Rückweg von ca. einer Stunde.“
Erzählfreudig, gesellig und von einem starken christlichen Glauben getragen, war ihr kein Weg zu weit, um an den Messfeiern und religiösen Andachten teilzunehmen. Bis vor einigen Jahren erfreute sich die Grunner-Mutter am heimatlichen Hof in St. Leonhard in bester Gesundheit. Allmählich ließen jedoch ihre körperlichen und geistigen Kräfte n den letzten Jahren nach und sie zog zu ihrer Tochter Waltraud nach Gasteig, wo sie fürsorglich betreut und gepflegt wird. //// ap