Die Fassmalerin
Wer jetzt denkt, dass eine Fassmalerin ihr ganzes Berufsleben lang Marketenderfässer bemalt, die dann mit Schnaps gefüllt werden, der täuscht sich. Verena Thaler hat das zwar auch schon gemacht, aber das war die Ausnahme. Als Fassmalerin ist sie eine Kunsthandwerkerin. Sie bemalt und vergoldet Schnitzarbeiten, von Krippenfiguren über Statuen bis hin zu Reliefs. Lassen wir sie selbst von diesem außergewöhnlichen Beruf erzählen:Verena: Der Begriff Fassmaler kommt vom Wort „fassen“, also einrahmen und meint ursprünglich das Bemalen von Figuren mit Gold und anderen Farben. Natürlich hat sich auch dieser Beruf mit der Zeit gewandelt. Heute arbeiten wir beispielsweise sehr selten mit Echtgold, meist verwenden wir Blattgold. Es sind auch nicht nur mehr Heiligenstatuen, die auf meinem Tisch landen. Geschnitzte Darstellungen von Wiegenkindern, Händen, hölzernen Rosen oder andere Auftragsarbeiten werden vom Schnitzer an mich weitergegeben, damit ich die letzte Gestaltung vornehme, bevor die Figur dem Kunden übergeben wird. Konkret trage ich meist verschiedenen Farbschichten aus Öl- oder Wasserfarben mit dem Pinsel auf. Als ich angefangen habe zu malen, wurde jeder Maria in der Krippe zuerst die Hautfarbe aufgetragen, dann die Bekleidung und am Ende noch ein Halskettchen gemalt. Heute will das niemand mehr. Die Tendenz geht sehr stark in Richtung Schlichtheit.
Wie bist du dazu gekommen, diesen Beruf zu wählen?
Nach den ersten Erfahrungen in der Handelsoberschule habe ich einen Sommerjob bei den Fassmalern bekommen – und bin begeistert dabeigeblieben. Mir wurde bewusst, dass ich bei der Arbeit machen konnte, was ich gerne tat und wurde auch noch dafür bezahlt. Also habe ich entschieden, mich zur Fassmalerin ausbilden zu lassen und die Kunstschule in Gröden besucht. Am Ende bin ich draufgekommen, dass ich eine der letzten, wenn nicht die letzte Absolventin dieser Ausbildung bin. Das Durchschnittsalter der Fassmaler dürfte ziemlich hoch sein, und es gibt kaum Nachwuchs. Dabei gibt es neben dem Malen noch andere Spezialisierungen, wie z.B. das Antiquisieren. Dafür wird es in den nächsten Jahren wahrscheinlich eine große Nachfrage geben.
Gibt es genug Arbeit für Dich?
Ich habe erlebt, dass die Vorstellung kursiert, Schnitzereien würden mittlerweile vor allem maschinell bemalt. Das stimmt nur zum Teil. Natürlich gibt es auch in Gröden Hersteller, die den Teil ihrer Figuren, der es zulässt, maschinell bemalen. Andere schicken sie in den Osten, um dort die billige Arbeitskraft auszunutzen. Aber es gibt noch sehr viele Schnitzer, vor allem solche, die Unikate herstellen, die auch in der Bemalung auf Einzigartigkeit setzen. So komme ich ins Spiel. Im Moment bin ich noch in Mutterschaft, mit nächstem Jahr möchte ich meine Dienste als selbstständige Fassmalerin anbieten, und ich bin sehr zuversichtlich, dass es genug Arbeit geben wird. Meine bisherige Erfahrung hat gezeigt, dass das ganze Jahr über viele Aufträge vorliegen, im Zeitraum Spätsommer bis Weihnachten wird sogar sehr viel zu tun sein. Dann sind es vor allem Krippenfiguren, die bemalt werden wollen. Es ist für mich ein ganz besonderer Moment, wenn ich meine Figuren in München oder Venedig wiederfinde. So wie jeder Maler seinen eigenen Stil hat, so hat nämlich auch jeder Fassmaler und jede Fassmalerin seinen bzw. ihre eigene Art zu malen. Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg auch weiterhin! ////ab