Die Vielfalt entdecken und beschützen
Drei Fragen an Hugo Wassermann von der Gruppe AuRaum
In Karnol, unterhalb des Gebreitnerhofes, liegt das Biotop Hangquellmoor. Es ist ein kleines Fleckchen Erde, groß genug um Insekten, Lurchen, Schlangen und Vögeln ein Paradies zu bieten. Die Landwirtschaft in der Umgebung ist selbst geprägt von einer selten gewordenen Vielfalt und stärkt dadurch das Biotop.Entlang des Wanderweges und im Umkreis dieses Biotops finden sich seit ein paar Monaten eine ganze Reihe an Nistkästen. Es sind größere und kleinere dabei, sie sind alle nummeriert und sie wurden von Freiwilligen aufgestellt, denen solche Naturschätze am Herzen liegen. Hugo Wassermann gehört zu dieser Gruppe, die sich AuRaum nennt. Er selbst stellt seit Anfang der 70er Jahre Vogelbeobachtungen an und hat in den letzten Jahrzehnten eine Fülle von Beobachtungsdaten, vor allem aus dem Brixner Raum mit Schwerpunkt Millander Au zusammengetragen. Auch Tanja Dirler gehört dazu. Sie hat mehrere Jahre beim Monstrolhof gearbeitet und kennt sich gut am Ploseberg aus. Tanja ist außerdem stellvertretende Präsidentin der Arbeitsgemeinschaft für Vogelkunde und Vogelschutz in Südtirol. Tanja und Hugo von der Gruppe AuRaum haben sich bereit erklärt, uns über ein Jahr zu begleiten und uns wertvolle Hinweise und Tipps zum Erhalt der Vogelvielhalt zu geben. Den Anfang macht Hugo Wassermann.
Herr Wassermann, wie ist es zu dem Projekt „Nistkästen“ gekommen und wie läuft es?
Unsere Gruppe AuRaum besteht aus 25 bis 30 engagierten Menschen, die es sich zum Ziel gemacht hat, die Natur unbürokratisch und pragmatisch zu schützen. Wir wollen ein starker Partner für die Natur sein, wo immer sie uns braucht. Dafür setzen wir zum Beispiel einheimische, Früchte tragende Hecken, die den Singvögeln als Nahrung und Brutplatz dienen. Wir bauen Nistkästen und hängen sie an geeigneten Stellen auf. Das Hangquellmoor unterhalb von Karnol stellt eine reiche Futterquelle für viele Vögel dar, durch die Nistkästen bieten wir ihnen nun auch noch eine weitere kleine Hilfe, nämlich ideale Nistplätze vor Ort. In der Talsohle haben wir in einigen naturnahen Gärten, im gesamten Gebiet der Millander Au, sowie am linken Eisackdamm und Sarnser Au mittlerweile in den beiden letzten Wintern etwa 200 Nistkästen angebracht. Ab Mitte Februar werden die ersten Nistkästen bewohnt sein. Das geht dann weiter bis in den Juni und Juli hinein, denn es finden 1, 2 oder höchstens 3 Jahresbruten satt, je nach Vogelart. Die Nistkästen werden sehr gerne angenommen.
Warum sind Nisthilfen so wichtig und warum werden sie von verschiedenen Vogelarten so gerne angenommen?
Das lässt sich ganz einfach erklären. Fortlaufend werden in Städten und Dörfern alte Häuser und Städel saniert, umgebaut oder durch Neubauten ersetzt. Somit verschwinden Nischen, Spalten zwischen Schalungen, offene Dachböden oder Löcher in alten Gemäuern. Außerdem verschwinden täglich alte und abgestorbene Bäume mit unzähligen Höhlen aus unserer Kulturlandschaft. Sie fallen den unwissenden, nach Ordnung und Sauberkeit strebenden Menschen zum Opfer. Unter den Höhlenbrütern wie Meise, Sperling, Rotschwanz, Wendehals, Kleiber, Eule usw. baut nur der Specht seine Bruthöhle selbst. Die anderen sind auf vorhandene Höhlen angewiesen. Deshalb finden diese angebotenen Nistkästen große Abnahme. Fast alle der 100 Nistkästen, die im Winter 2021 im Biotop Millander Au angebracht wurden, waren bei Kontrollen nach Ende der Brutsaison von brütenden Vogelpaaren benutzt worden, einige sogar vom Siebenschläfer.Beim Gebreitnerhof haben wir außerdem größere Nistkästen für Wiedehopf und Star angebracht. Da der dortige Lebensraum auch für Turmfalke und Waldkauz geeignet ist, haben wir auch diesen beiden Vogelarten ihre ideale Nisthilfe angeboten. Vor allem der Waldkauz leidet unter großem Wohnungsmangel. Er brütet vor allem in alten Edelkastanien im Mittelgebirge. Geeignete Kastanienbäume mit großen Höhlen sind aber Mangelware. So sind einige große Nistkästen, die schon vor mehreren Jahren von Mitgliedern unserer Gruppe AuRaum in Vahrn und Milland angebracht wurden, jährlich konstant besetzt. In jedem Kasten werden jedes Jahr 3 bis 4 Jungkäuze großgezogen.
Nach den kalten Wintermonaten ist das erste Vogelgezwitscher immer wieder wie ein Weckruf der Natur. Was können wir im Kleinen tun, um die Vielfalt der Vogelstimmen aufrecht zu erhalten?
„Futter und Lebensraum müssen passen. Wenn die Natur diese zwei Faktoren bietet, dann leisten wir den schnellsten und besten Beitrag, indem wir diese Gegebenheiten schützen. Durch die vielfach intensiv betriebene Landwirtschaft sind solche natürlichen Schutzräume selten geworden. Ganz nach dem Motto „Auch Kleinvieh macht Mist“ können wir in unseren Gärten und entlang der Böschungen einen wichtigen Gegenpol bilden. Ein Beispiel sind bienenfreundliche Gärten und Balkonpflanzen. Das Pflanzen einheimischer Blütenhecken mit Hartriegel, Schneeball oder Holunder, die im Herbst Beeren bilden, sind ebenfalls ein wichtiges Standbein im lokalen Aktionsrahmen. Nicht nur insektenfreundlich, sondern auch schön anzusehen kann ein Streifen Blumenwiese oder ein Wasserbereich im Garten sein. Vielleicht hat der eine oder die andere auch eine kleine Ecke im Garten, die verwildern darf. Naturbelassene Zonen sind für Tiere unschätzbare Rückzugsorte und je größer sie sind, desto wertvoller sind sie auch.“Wenn jemand Interesse hat sich gemeinsam mit AuRaum zu engagieren oder ein Plätzchen kennt, wo Vögel einen Nistkasten brauchen könnten, hier der Kontakt: au.raum.brixen@gmail.com //// ab