Martin Frener folgt auf Georg Fischer
19 Jahre lang war Georg Fischer vom Widmannhof Mitglied im Verwaltungsrat der BRIMI, des Brixner Milchhofs. Auf ihn ist in diesem Frühjahr Martin Frener vom Prasthof nachgefolgt. Er wurde, wie bereits Georg Fischer vor ihm, zudem auch in den Beratungsausschuss der Genossenschaft bestellt. Wir haben uns mit ihnen über aktuelle Themen und die Zukunft der Milchwirtschaft unterhalten.
Georg, du hast einige wesentliche Schritte in der Entwicklung der BRIMI hautnah miterlebt. Das Wachsen der Bio-Schiene, die Heumilch, der Ausbau der Mozzarella-Produkte, Erweiterung des Einzugsgebiets. Wie hast du diese Zeit erlebt? Wie steht die Brimi heute da?
Georg: „In den letzten 20 Jahren hat sich sehr viel getan. Der Umzug in die neuen Verarbeitungsräume hat die BRIMI technologisch nach vorne gebracht, die Mitarbeiterzahl ist auf 180 gewachsen, das Einzugsgebiet hat sich vergrößert. Latzfons, Barbian, Gröden, Kastelruth, Ritten, das sind beispielsweise Gebiete, die in den letzten 20 Jahren zum Einzugsgebiet dazugekommen sind.Produktetechnisch hat sich ebenfalls viel verändert. 1978 wurde der erste Mozzarella produziert, heute gibt es ein ganzes Sortiment an Mozzarellaprodukten wie zum Beispiel der laktosefreie Mozzarella oder der Heumilchmozzarella. 2020 hat die BRIMI so viel Mozzarella ausgeliefert wie noch nie. Das hängt auch damit zusammen, dass während der Pandemie andere Mozzarella-Hersteller Lieferschwierigkeiten hatten und die BRIMI in allen Vertriebskanälen gut aufgestellt war und ist und kurzfristig auf die geänderte Nachfrage reagieren konnte. Das war für BRIMI ein Glücksfall, weil ja der lokale Markt durch den Lockdown komplett zusammengebrochen war. Kein Hotel, keine Pizzeria, kein Restaurant waren geöffnet. BRIMI konnte aber weiter produzieren und verkaufen. Ein weiterer Meilenstein war die Gründung der Dolomites Milk, an der die BRIMI beteiligt ist. Bei der Verarbeitung von Mozzarella fällt jede Menge Molke an. Diese wird bei Dolomites Milk in Vintl zu Süßmolkepulver verarbeitet. Die kurzen Wege und die regionale Vermarktung führen zu einer besseren Wertschöpfung, die sich direkt auf den Auszahlungspreis für den einzelnen Bauern auswirkt.“
Womit wir bei einem anderen interessanten Punkt wären, nämlich dem Auszahlungspreis der Milch an die Bauern. Während dieser Preis in Österreich etwa 20% weniger beträgt, ist er im restlichen Italien um 20% höher. Da spielen nicht nur die Produktionskosten, sondern auch Logistikkosten und die Gewinnspanne des Handels eine Rolle.
Georg: „Die Milch ist in Südtirol immer noch günstig, wenn man bedenkt, dass es bei uns kaum Großbetriebe gibt, welchen es eher möglich ist, kostensparender zu produzieren. In der Poebene sind Ställe mit ein paar Hundert Kühen keine Seltenheit, bei uns hingegen wird der Großteil der Milch von Kleinbauern geliefert, die ihre Wiesen vielfach in Steillagen haben. Sie bewirtschaften die Wiesen und Felder im Tal, im Mittelgebirge und auf den Almen und erhalten dadurch eine wertvolle und einzigartige Kulturlandschaft, von der auch andere Wirtschaftssparten stark profitieren. Man darf auch nicht vergessen, dass in Südtirol die Milchhöfe genossenschaftlich organisiert sind, das heißt sie sind primär nicht gewinnorientiert. Die Bauern und Bäuerinnen sind die Mitglieder der Genossenschaft – sie sind die Genossenschaft! Wenn also die Konsumenten und Konsumentinnen im Geschäft einen höheren Preis für unsere einheimische Milch bezahlen, dann bekommen der Bauer und die Bäuerin automatisch und auf direktem Wege einen höheren Auszahlungspreis. Das unterscheidet uns von den Molkereien beispielsweise in Deutschland, die eben nicht genossenschaftlich strukturiert sind.“
Martin: „Am Berg gibt es tatsächlich nur eine Handvoll Bauern, die rein von der Milchlieferung leben. Der Rest hat noch andere Einnahmequellen. Insgesamt gibt es am Berg 74 Anlieferer, die in Summe 6 Millionen Kilogramm Milch im Jahr liefern. Im Vergleich dazu liefern die Bauern vom Ritten 13 Millionen, Kastelruth liefert 11 Millionen, Terenten liefert knapp 8 Millionen. Insgesamt wurden 2020 rund 100 Millionen kg Milch zur BRIMI geliefert, 88% davon ist gentechnikfreie Qualitätsmilch, 7,7% Heumilch und 4,3% Bio-Heumilch.
Anzahl der Auslieferer vom Berg nach Art der gestellten Milch
konventionell | Heumilch | Bio-Heumilch | |
Afers | 24 | ||
Karnol | 5 | 1 | |
Klerant | 6 | 2 | |
Mellaun | 8 | 2 | |
St.Andrä | 4 | 6 | 1 |
St.Leonhard | 5 | 8 | 2 |
Gesamt | 23 | 43 | 8 |
Es fällt auf, dass weniger Bauern konventionell liefern. Das hängt unter anderem auch mit der persönlichen Einstellung jedes Einzelnen zusammen. In jedem Fall aber ist es für jene Bauern ein greifbares Argument, die auch Urlaub auf ihrem Bauernhof anbieten. Natürlich haben Biomilch und Heumilch auch einen höheren Auszahlungspreis. Klar ist, dass für jeden Bauern auch der Preis für seine Leistung stimmen muss. Das gilt im Übrigen für jeden Beruf. Der Auszahlungspreis für die Milch wird durch viele Faktoren bestimmt. Der Bauer selbst kann etwa durch die gelieferte Qualität und durch seine Entscheidung für Bio oder Heumilch den Preis beeinflussen. BRIMI als Verarbeiter kann kostensparende oder wertschöpfende Maßnahmen ergreifen wie zum Beispiel die Zusammenarbeit mit Dolomites Milk in der Molkeverarbeitung, die Georg bereits angesprochen hat. Ein Beispiel für Kosteneinsparungen sind auch Auftragsfertigungen. Dabei wünscht der Kunde nicht immer Südtiroler Qualitätsmilch, sondern will günstigere Rohmilch. Also kauft BRIMI diese Milch an. Solche Aufträge gewährleisten eine bessere Auslastung, was sich wiederum günstig auf den Auszahlungspreis auswirkt. Dazu muss aber auch gesagt werden, dass in allen Produkten, auf denen das BRIMI Logo und das Südtiroler Qualitätszeichen abgebildet sind, ausschließlich die Milch der Mitglieder enthalten ist und das Produkt auch in unserem Werk in Brixen hergestellt wird. Der Rohstoff jedes Produktes ist rückverfolgbar. Die Herkunft der Milch ist also 100%ig transparent.
Georg: „2020 hat die Brimi den höchsten Auszahlungspreis erreicht, den sie jemals gezahlt hat. Er lag durchschnittlich bei 0,56 € pro kg. Es wird eine große Herausforderung sein, diesen Preis zu halten, denn Planbarkeit wird immer schwieriger.“
Eine kurze Frage noch am Ende: Wie seht Ihr die Zukunft? Wohin geht die Reise?
Georg: „Viele unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger kaufen Brimi Produkte und schätzen die gute Milchqualität. Am Ende entscheidet immer der Kunde, was er kaufen möchte. Mein Appell: Unterstützen wir die regionalen Kreisläufe und die lokalen Produzenten. Das ist der größte Beitrag, den wir für Nachhaltigkeit und Klimaschutz leisten können. Manchmal fragen mich Gäste, ob wir wüssten, wie schön wir es hier haben. Die Schönheit dieser Kulturlandschaft bleibt uns dank der Arbeit der Bauern und Bäuerinnen erhalten. Durch den Kauf lokaler Produkte können wir alle zum Erhalt unserer einzigartigen Landschaft beitragen.“
Martin: „Es ist enorm wichtig, diese kurzen Wege zu fördern. Der Kauf von regionalen Produkten steht in direktem Zusammenhang mit einer positiven Entwicklung der lokalen Milchwirtschaft. Leider entwickeln sich Landwirtschaft und Bevölkerung immer weiter auseinander. Der Bauernstand hat sich im Vergleich zu 1970 stark reduziert. Wir befinden uns in einem spürbaren Strukturwandel. Daher ist es auch so wichtig, dass wir in Dialog bleiben. Der Bauer als Produzent muss mit dem Verbraucher, dem Kunden im Gespräch bleiben. Wahrscheinlich wird sich die Milchanlieferung auf ein paar größere Betriebe verlagern. In den nächsten 10 Jahren stehen auf vielen Höfen Generationswechsel an, man wird sehen, wo der Jungbauer oder die Jungbäuerin noch bereit ist, mit der Milchwirtschaft weiterzumachen. Einige Bauern werden wohl ihre Landwirtschaft hin zur Kleintierzucht verlagern oder die Weiden verpachten.“ Vielen Dank für das interessante Gespräch und Alles Gute für die Zukunft! //// ab